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Das Distanzlernen ist vorbei. Ende Februar durfte ich tatsächlich meine Kleinen (Jahrgang 1-3) wiedersehen, zumindest die Hälfte davon im Wechselunterricht. Was das genau bedeutet und welche Vor- und Nachteile sich daraus für den Alltag als angehende Lehrkraft ergeben, erzähle ich in diesem Beitrag. Außerdem standen für mich die Modulprüfung und das §15-Gespräch an, welche mir den ersten Meilenstein in meiner Ausbildungslaufbahn sicherten. Mehr zu diesen Beurteilungsformen gibt es weiter unten im Artikel.
Nähere Informationen zum Aufbau des Referendariats an Berliner Grundschulen befinden sich in der Übersicht.
Wechselunterricht
Für meine große Lerngruppe (Jahrgang 4-6) ging das Distanzlernen zunächst weiter. Das brachte mich dazu, das erste Mal in meinem Leben einen Test für zu Hause zu konzipieren. Das Thema “Umgang mit dem Geodreieck” ist für das Schreiben zu Hause zum Glück recht dankbar, da dieser Lernbereich viel Eigenleistung von den Lernenden verlangt und die Gefahr des Abschreibens nicht besonders hoch ist. Allerdings geschieht die Bearbeitung des Tests trotzdem komplett auf Vertrauensbasis – nicht nur zum Kind, sondern auch zum Elternhaus. Die Hefter sollten sie vorher in der Schule abgeben, das ist bei vielen auch gelungen. Die Organisation der Abholung und Rückgabe der Tests war insgesamt gar nicht so leicht für mich, da die Kommunikation nicht mit jedem Kind gleich gut funktioniert und kleine Pannen (“Ich habe aus Versehen den falschen Test mitgenommen”) oder Ärgernisse (“Ich habe keine Tests gefunden”) nun mal einfach vorkommen und dafür sorgen, dass ich am Ende doch öfter als nötig zur Schule fahre, um den Abhol- und Rückgabefluss wieder in Schwung zu bringen.
Bei meiner kleinen Lerngruppe (Jahrgang 1-3) war Ende Februar endlich wieder Licht am Ende des Tunnels zu erkennen, denn der Wechselunterricht für die jüngeren Jahrgänge hat begonnen. Alle Lerngruppen wurden dafür in zwei Gruppen (A und B) aufgeteilt und kommen abwechselnd jeden zweiten Tag zur Schule. Das bringt positive wie negative Dinge mit sich.
Positives am Wechselunterricht
- Kleine Gruppen: Eine Gruppengröße von 12 Kindern ist ein Träumchen für jede pädagogische Fachkraft. Auf einmal sind Zeit und Raum für persönliche Gespräche vorhanden, die sonst meist untergehen. So kann die Beziehung zu einzelnen Kindern gestärkt werden. Auch kann mehr Zeit in die individuelle Förderung einzelner Kinder gesteckt werden, da nicht mehr die Bedürfnisse von 25 Kindern gleichzeitig gestillt werden wollen. Die geringe Gruppengröße macht sich auch in der Lautstärke deutlich bemerkbar – nicht, weil 12 Kinder per se ruhiger wären als 24 Kinder, sondern insbesondere, weil sich kleine Gruppen schneller beruhigen und fokussieren lassen als große Gruppen.
- Wiedersehen: Es ist schon ziemlich herzerwärmend, wie sehr sich die Kids freuen, ihre Mitlernenden und Freunde wiederzusehen – in 3D! Sie können endlich wieder miteinander sprechen, sich auch mal von der Gruppe entfernen oder heimlich Witze reißen. Und das Wichtigste: Sie können sich in die Augen schauen, was per Videotelefonie grundsätzlich unmöglich ist (übrigens ein Fakt, der zwar simpel ist, aber auf mich trotzdem kurz überwältigend wirke). Der persönliche Blickkontakt stärkt die Seelen und stillt zumindest für diese paar Tage in der Woche das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit.
- Normalität: Naja, zumindest ein Teil des gewohnten Umfelds rückt durch den Wechselunterricht wieder in den Alltag der Kinder. Warum das wichtig ist, brauche ich nach einem ganzen Jahr Pandemie niemandem erklären…
- Ein bisschen mehr Bildungsgerechtigkeit: Dadurch, dass die meisten Kinder zumindest jeden zweiten Wochentag die Schule besuchen, fallen die unterschiedlichen häuslichen Voraussetzungen der Lernenden nicht mehr so stark ins Gewicht wie beim schulisch angeleiteten Lernen zu Hause (saLzH).
Negatives am Wechselunterricht
- Alles dauert doppelt so lange: Das, was man vorher in einer Schulwoche geschafft hat, wird nun auf zwei Schulwochen gestreckt. Zwar erhalten die Lernenden vertiefende Aufgaben für das saLzH, doch oft ist dafür eine starke Reduktion der Menge und stellenweise der Komplexität der Inhalte notwendig, weil die Lernvoraussetzungen im häuslichen Umfeld der Kinder höchst individuell sind und viele Lernende zu Hause weniger effektiv lernen können als in der Schule.
- Noch mehr Organisationstalent gefragt: Die Einhaltung aller Hygieneregeln, neue Unterrichts-, Pausen- und Essenszeiten und die Koordination zwei verschiedener Gruppen an unterschiedlichen Lernorten verlangen viel Vorbereitung und Dokumentation, damit man nicht permanent durcheinander gerät. Mitversorgen muss man weiterhin die Kinder, die aufgrund der ausgesetzten Präsenzpflicht nicht am Unterricht teilnehmen und gänzlich zu Hause lernen. Diese ganze Jonglage klaut zusätzlich Zeit.
- Das Gewusel nimmt zu: Besonders in den ersten Wochen des Wechselunterrichts sind die meisten Kids recht unkonzentriert und es scheint teilweise so, als hätten sie in der Zwischenzeit alle Regeln und Abläufe vergessen. Ich kann es ihnen nicht verdenken, sie brauchen das miteinander Quatschen gerade einfach mehr als den fachlichen Input und haben momentan andere Sorgen. Das muss okay sein. Jedoch bedeutet das auch: Alles wieder von vorne und zwar mit doppelt so viel Geduld und Gefühl. Jippie…
- Die Klassengemeinschaft wird getrennt: Da sich die halben Gruppen untereinander nicht mischen dürfen, ist die Klasse nun seit Dezember getrennt. Gemeinschaftliche Rituale sind seit dem Wechselunterricht auch online kaum mehr möglich, weil immer ein Teil der Kids in der Schule ist.
- Eine konsistente Unterrichtsplanung ist mir fast unmöglich: Für mich bedeutet der Wechselunterricht, dass ich jedes Kind nur alle 14 Tage zu Gesicht bekomme. Das ist ganz schön bitter. Eine kontinuierliche und ergiebige Unterrichtseinheit so durchzuführen, ist gelinde gesagt eine Herausforderung. Bisher löse ich das auf die mir einzig mögliche Weise: Wenn wir uns sehen, werden neue Inhalte erarbeitet und dann haben die Kids 13 Tage Zeit, um weiterführende und vertiefende Aufgaben zu bearbeiten und sich auf dem jeweiligen Padlet zu informieren.
Modulprüfung
Während die Fachseminare ihre Beurteilungen aus den Unterrichtsbesuchen beziehen, wird die Leistung im allgemeinen Seminar durch insgesamt zwei Modulprüfungen beurteilt. Die erste Modulprüfung findet im Lernbereich “Unterrichten” statt und die zweite im Bereich “Erziehen und Innovieren”, sobald der Großteil der Pflichtbausteine des jeweiligen Moduls absolviert wurde.
Alle wichtigen Infos zur Modulprüfung im Überblick
- Prüfende: Leitung des allgemeinen Seminars (Prüfungsvorsitz) und eine weitere Person (entweder Fachseminarleitung oder Schulleitung)
- Themen: Die genaue Themenstellung wird mit der Seminarleitung abgesprochen und dokumentiert. Vorschläge für Prüfungsthemen befinden sich unter anderem in der Handreichung der Berliner Senatsverwaltung, in der es heißt: “Die Aufgaben sind von der Seminarleiterin oder von dem Seminarleiter so zu formulieren, dass an einem konkreten Beispiel aus der Unterrichts- und Erziehungsarbeit, aus der Schulentwicklung, aus dem Schulrecht oder aus der politischen Bildung problemorientiert gearbeitet werden kann und Lösungen entwickelt werden können.”[1]
- Note: Bewertet wird die Modulprüfung von beiden Prüfenden, welche aus ihren persönlichen Bewertungen das arithmetische Mittel bilden. Modulprüfungen, die mit 4,00 oder schlechter abgeschlossen werden, können binnen einer bestimmten Frist nachgeholt werden.
- Einfluss auf die Gesamtnote: Jede Modulprüfung geht mit 20% in die Gesamtnote am Ende des Vorbereitungsdienstes ein.
- Formate: Es stehen vier verschiedene Prüfungsformen zur Verfügung. Für beide Modulprüfungen müssen jeweils unterschiedliche Formate gewählt werden.
Ich habe meine Modulprüfung im Lernbereich “Unterrichten” zum Thema “Lernreflexion” gehalten und meinen konzipierten Feedback-Fächer vorgestellt. Die genaue Themenstellung lautete:
“Erstellen und präsentieren Sie ein Instrument zur eigenständigen Reflexion von Lernergebnissen. Planen Sie den konkreten Einsatz in Ihrem Unterricht und stellen Sie dar, wie Sie die eigenständige Reflexion der Schüler_Innen dabei fördern möchten.”
Da ich die multimediale Prüfungsform gewählt hatte, habe ich eine Präsentation vorbereitet. Es gibt recht klare Vorgaben, welche Inhalte eine solche Präsentation abdecken sollte, sodass für mein Thema folgende Gliederung entstand:
1) WARUM?
- Notwendigkeit eines Instruments (didaktische Begründung)
- Reflexion und ihr Stellenwert für Bildungsprozesse
- Ziele und angestrebte Kompetenzentwicklung
2) WIE?
- Phasenmodelle der Reflexion
- Kriterien für ein geeignetes Instrument zur Lernreflexion
3) WAS?
- Feedback-Fächer: Prototyp und bisheriger Einsatz
- Optimierte Varianten und Einsatzmöglichkeiten
- Alternativszenarien (Ausblick)
ANHANG
- Quellenangaben
- Ergänzungen bzgl. Bildungsstandards, Schulgesetz und KMK Empfehlungen
Die Prüfung ist sehr gut gelaufen und ich habe das Gebäude glücklich verlassen. BÄM! Ein erster Meilenstein ist geschafft!
§15-Gespräche
Die drei Fachseminare (Deutsch, Mathematik, Sachunterricht/Gesellschaftswissenschaften) beenden jedes Semester jeweils mit einem persönlichen Gutachten zum aktuellen Leistungsstand und zur bisherigen Leistungsentwicklung. Darüber hinaus muss so ein Gutachten Hinweise zur weiteren Kompetenzentwicklung enthalten.
Grundlage für das Gutachten sind die Unterrichtsbesuche im jeweiligen Fach und die aktive Teilnahme an den Fachseminaren. Die §15-Gutachten werden von der jeweiligen Fachseminarleitung erstellt und vor Übergabe mit den Auszubildenden besprochen.
Meine §15-Gespräche liefen allesamt sehr entspannt und positiv ab. Neue Erkenntnisse lieferten sie nicht, da sich die Beurteilungen größtenteils an den bisherigen Unterrichtsbesuchen orientieren, welche bereits ausführlich in Reflexionsgesprächen erörtert wurden. Dennoch ist es ganz nützlich, den eigenen Entwicklungsstand in ein paar Sätzen zusammengefasst zu bekommen und die Möglichkeit zu erhalten, sich darüber bilateral auszutauschen.
Update zu Unterrichtsbesuchen
Ein Teil der Unterrichtsbesuche darf ab sofort auch als Kolloquium absolviert werden. Das bedeutet, dass die Unterrichtsstunde nicht innerhalb der Lerngruppe stattfindet, sondern auf Grundlage des Entwurfs per Videokonferenz besprochen und reflektiert wird. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob diese Unterrichtsstunde tatsächlich gehalten werden kann oder konnte, was in dieser schwankenden Zeit eine nette Geste ist. Unterrichtsbesuche sind zur Zeit auch per Videoaufnahme des eigenen Unterrichts möglich, falls aufgrund der aktuellen Coronalage zum Beispiel keine externen Gäste an der Schule zugelassen sind.
Für ein Kolloquium wird meist ein ausführlicherer Unterrichtsentwurf verlangt. Insbesondere im tabellarischen Stundenverlauf sollte man Details formulieren, die das Geschehen innerhalb der geplanten Unterrichtsstunde für die lesende Fachseminarleitung greifbar machen. Ich persönlich baue zum Beispiel wörtliche Rede in den Stundenverlauf ein und formuliere konkret, was die Lehrkraft wann sagt, damit sich die Seminarleitung beim Lesen besser vorstellen kann, wie genau die Lehrkraft an einzelnen Stellen moderieren oder zu Phasenwechseln hinleiten würde.
Bisher musste ich nur einmal auf ein Kolloquium zurückgreifen, welches positiv verlief. Während des Gesprächs stellte die Fachseminarleitung ausgewählte kritische Fragen auf Basis des Entwurfs, beispielsweise zur Umsetzung der Standardkonkretisierung, zu möglichen Stolperstellen und zu bestimmten didaktischen Entscheidungen. Sowohl die Antworten darauf als auch die Gestaltung des Entwurfs an sich flossen in die abschließende Bewertung der Fachseminarleitung ein.
Ein Kolloquium kann durchaus eine rettende Notlösung sein, sollte eine Unterrichtsstunde mal nicht so stattfinden können wie geplant. Aber wenn die Chance besteht, sollte man immer die unterrichtspraktische Variante wählen, da das Reflexionsgespräch auf der rein theoretischen “Was wäre, wenn”-Basis einfach nie so ergiebig sein kann wie auf der praktischen Ebene. Denn auch hier greift wieder das lernpsychologische Phänomen, dass sich neues Wissen besser verarbeiten und einprägen lässt, wenn es mit einer eigenständigen praktischen Handlung verknüpft wird.
Erkenntnis auf dem Weg zur Professionalität
- Alles fängt beim Greifbaren an! In den wenigen sinnvollen Vorlesungen meiner Unizeit habe ich eine Menge zu Lehr- und Lerntheorien gelernt und mir war immer sehr bewusst, dass bei der Aneignung von neuem Wissen und Können das physisch greifbare Handeln (enaktiv) immer vor abstrakteren Darstellungsweisen (symbolisch und ikonisch) erfolgen muss. Besonders jüngere Kinder benötigen zunächst die Erfahrung im greifbaren, dreidimensionalen Raum (z.B. mithilfe von Modellen), bevor der Transfer zu einer zweidimensionalen Abbildung stattfinden bzw. gelingen kann. Das ist so logisch und so selbstverständlich, dass es mir peinlich ist, dass ich solche elementaren Grundlagen ab und zu einfach nicht berücksichtige. Erst durch meinen Sachunterrichts-UB zum Thema “Das Geheimnis der Frühblüher” hat sich diese Tatsache endlich tiefer in mein Hirn gebohrt. Denn hätte ich nicht eine echte Tulpe mit Zwiebel als Anschauungsmodell mitgebracht, hätten die Kinder große Schwierigkeiten gehabt, den zweidimensionalen Abbildungen wichtige Informationen zu entnehmen und hätten den Forscherauftrag nicht erfüllen können. Das war mir eine Lehre, auch wenn es gerade noch einmal gut gegangen ist.
Medium des Monats
Wie wichtig dreidimensional-greifbare Modelle für ganzheitliches Lernen sind, wurde mir erneut durch den fast verkorksten UB mit der rettenden Tulpe bewusst. Nicht zuletzt bin ich an einer Schule, an der Kinder nach montessorischen Prinzipien lernen und dort steht das haptische Erleben im Mittelpunkt von effektiven Lernprozessen.
Besonders bei Inhalten, die Kinder nicht einfach in ihrer unmittelbaren Umgebung sehen und bestaunen können, sollten Modelle zum Anfassen her. Wenn ich beispielsweise den Aufbau eines Fahrrads mit den Kids besprechen will, reicht für den Anfang oft ein Bild von einem Fahrrad, da alle Kids schon oft Fahrräder gesehen haben, selbst eins besitzen oder es sogar selbst reparieren können. Das Wissen vom Bild kann demnach oft ohne Probleme auf das echte Fahrrad zu Hause übertragen werden. Tulpen und andere Frühblüher kennen die Kids aus ihrer näheren Umgebung, aus den Parks, Gärten und Beeten um sie herum, doch die unter der Erde liegenden Zwiebeln und Wurzeln sehen sie nicht. Hier sollte ein Modell genutzt werden. Gleiches gilt unter anderem für folgende Themenfelder:
- Körper und Organe (z.B. mit Torsos und Puppen mit herausnehmbaren Organen)
- Schwangerschaft und Geburt (z.B. mit Torsos und Puppen mit herausnehmbarem Embryo)
- Dinosaurier (z.B. echte Skelette im Naturkundemuseum bestaunen)
- Unser Sonnensystem (z.B. Planeten maßstabsgetreu nachbauen, Tag und Nacht mit dem Globus und einer Taschenlampe nachstellen etc.)
- Geografie (z.B. mit Globus und Karten mit Peters-Projektion, 3D-Modelle von Stadtvierteln)
- Erdgeschichte (z.B. mit dem schwarzen Band von Montessori und Tierfiguren)
- Geometrie (z.B. Figuren und Körper herstellen, Gebäude mit Magnetstäben konstruieren und Tangrams legen)
Ratschläge und Leitsätze für alle Lehrkraft-Neulinge
In den Episoden 7 bis 10 geht es um Dinge, die man als Lehrkraft vermeiden sollte. Die Ratschläge stammen von meinen Seminarleitungen und wurden demnach ausschließlich von Personen mit langjähriger Praxiserfahrung geäußert. Mir persönlich haben sie schon oft geholfen, weswegen ich sie gerne teile.
- Lehrer-Echo: Dass Lehrkräfte die Antworten der Lernenden teilweise wiederholen, passiert häufig mit der guten Intention, das Gesagte für alle laut und verständlich abzusichern. Und hat man sich das Echo erst mal angewöhnt, ist es gar nicht so einfach, es wieder loszuwerden. Allerdings gibt es gute Gründe, auf das Echo gänzlich zu verzichten, denn es ist nicht nur unnötig, sondern kontraproduktiv. Es entbindet die Lernenden ungewollt von ihrer Pflicht, den anderen zuzuhören, weil die Lehrkraft ohnehin alles wiederholt und zudem kann sich schnell das Gefühl einstellen, dass eine Antwort erst Relevanz besitzt, sobald sie von eine Lehrkraft ausgesprochen wurde. Keine gute Message.
- Monologe: Niemand braucht Monologe im Unterricht, schon gar nicht von der Lehrkraft. Es geschieht schneller als man denkt, dass man als Lehrkraft einen Großteil der Sprechzeit der Stunde einnimmt [2]. Der Sprechanteil muss also auf die Lernenden umgelenkt werden und das klingt einfacher, als es ist. Es hilft enorm, sich Routinen zu schaffen, in welchen die Kinder tagesstrukturierende Aufgaben übernehmen (Moderation des Tagesablaufs, von Konfliktgesprächen etc.). Außerdem empfiehlt es sich, für alle wiederkehrenden Abläufe (z.B. bestimmte Arbeitsmethoden) Symbole zu etablieren, sodass für die Erklärung der Vorgehensweise irgendwann keine Worte mehr verloren werden müssen.
- Alles selber machen: Im Schulalltag rutscht man ganz schnell in eine Haltung, die so ähnlich klingt wie “Ach, ich machs einfach selbst, dann weiß ich wenigstens, was ich habe”. Und das wiederum klingt ein wenig verbittert. Zudem ist es auf Dauer ziemlich belastend, alles selbst machen zu wollen. Also lautet das neue Credo: Delegieren, delegieren, delegieren. Gib Verantwortung an die Kids ab, wo es nur geht. Meine allgemeine Seminarleitung sagt dazu: “Ein schlauer Lehrer erzieht sich fleißige Schüler”. Und da hat sie im Großen und Ganzen recht, denn die damit einhergehende Förderung des Verantwortungsbewusstseins ist nicht zu unterschätzen für die persönliche und soziale Entwicklung der Kinder. Für den Unterricht bedeutet das vor allem, die vorhandenen Klassendienste auszuweiten und beispielsweise Verantwortliche für die An- und Abwesenheitslisten, für das Datum und den Stundenplan sowie für das Einsammeln und Erinnern an Elternbriefe festzulegen.
Was zu sagen bleibt…
Ich entwickle schon wieder faust’sche Gefühle, weil mir täglich bewusster wird, wie viel ich noch lernen muss, um meinen Job irgendwann zufriedenstellend ausüben zu können. Und im nächsten Moment ermahne ich mich, nicht immer alles so bitterernst zu betrachten, wenn es um Berufliches und meine Rolle in diesem Aufgabenfeld geht. Vielleicht sollte ich mir nach einem stressigen Tag einfach Dokumentationen über das Universum anschauen, um mir regelmäßig zu verdeutlichen, wie unbedeutend die eigenen Sorgen sein können, wenn man das Große und Ganze im Blick hat.
Im nächsten Bericht erzähle ich von Corona-Selbsttests als Start in den Schultag und davon, wie ich kurz meine Kontrolle verliere und weinend vor meinen Vorgesetzten sitze. Bis dahin schließe ich mit den Worten des großen Tagebuchschreibers Bert:
“Alles ok, Kartoffelpüree!”[3]
[1] Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (2015): Vorschläge für Modulprüfungen. Eine Handreichung für die Erstellung von Prüfungsaufgaben und die Durchführung von Modulprüfungen im modularisierten Vorbereitungsdienst. Berlin. [2] Begehr, Astrid (o.J.): „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold!“ Eine videobasierte Analyse von TIMSS- und LPS-Daten. B [3] Jacobsson u. Olsson (1996): Berts gesammelte Katastrophen. Oetinger Verlag.
Autorin: Carla
Für etwa drei Jahre schrieb ich Artikel für das phase6 Magazin und das Lehrkräfte Magazin. Mit besonderer Vorliebe widmete ich mich dabei spannenden Themen der pädagogischen Psychologie in Theorie und Praxis. Während meines Referendariats an einer Berliner Grundschule schrieb ich Erfahrungsberichte und gab einen Einblick in meinen Schul- und Ausbildungsalltag. Mittlerweile befinde ich mich in der turbulenten Berufseinstiegsphase und darf eine jahrgangsgemischte Lerngruppe an einer montessori-orientierten Grundschule in Berlin unterrichten.