Als Lehrkraft gehört es zu Ihrem Job, täglich unzählige Fragen von Lernenden zu beantworten. Das Antworten und Erläutern gehört sozusagen zu Ihren Kernkompetenzen. Genau diese wollen wir nutzen – nur stellen hier nicht die Schülerinnen und Schüler die Fragen, sondern Erwachsene.

Sie selbst wissen, wie wichtig der regelmäßige Austausch im Kollegium für Ihre persönliche Entwicklung ist. Mit der Serie “Nachgefragt!” möchte phase6 Lehramtsstudierenden, Personen im Referendariat und ausgebildeten Lehrkräften eine Plattform bieten, in der ein Austausch über essentielle Fragen zum Lehrberuf stattfinden kann. 

Wir fragen – Lehrkräfte antworten. Dieses Mal zur Frage:

„Wie motivieren sie sich selbst?“

 

Lydia unterrichtet Englisch und Französisch an einer Berliner Grundschule.

Die Motivation hängt bei mir stark mit der Lerngruppe zusammen. Ich hatte letztes Jahr eine sehr schwache Französischklasse, welche große Defizite in den Grundlagen hatte und daher sehr unmotiviert war. Meine Motivation war es, ihnen wieder Spaß am Französischlernen zu vermitteln und somit war ich stets bestrebt, ihnen einen guten, abwechslungsreichen Unterricht vorzubereiten. 

Motivation geht bei mir mit visuell ansprechendem Material los: Ich habe mehr Spaß am Unterrichten, wenn Arbeitsmaterial schön gestaltet ist. Da übernehme ich auch gerne die Arbeitsblattkreation und gestalte das Layout selbst. Ich arbeite auch gern mit laminiertem Material (und erfülle hier das Klischee einer Lehrerin), was ich anschließend wieder verwenden kann. Wenn ich im Unterricht merke, dass die Schülerinnen und Schüler dadurch ebenfalls mehr Freude am Lernen und am Material haben, motiviert mich das sehr für die weitere Unterrichtsplanung. 

Vor den Ferien gebe ich hin und wieder Feedbackbögen aus und die Schülerinnen und Schüler geben mir oft positive Rückmeldungen zum Unterricht. Dieses Feedback zeigt mir, dass sich die Mühe und Zeit lohnt, die ich in die Unterrichtsvorbereitung stecke und dass ich den richtigen Beruf gewählt habe. Sollte ich einmal nicht so motiviert sein, dann greife ich gern auf diese Rückmeldungen zurück. 

Aber nicht nur meine Schülerinnen und Schüler motivieren mich: Auch mein Kollegium ist beziehungsweise war vor allem im Referendariat eine sehr große Motivationsquelle. Aus diesen Gründen bin ich sehr gern in der Schule.

Kim unterrichtet die Fächer Deutsch und Arbeitslehre an einer integrierten Gesamtschule in Hessen.

Zugegeben: Je nach Stundenplan und Lerngruppeneinsatz ist es tatsächlich nötig, sich selbst zu motivieren und mit Spaß in den Unterricht zu gehen. Gerade im Nachmittagsunterricht ist eine hohe Motivation gefordert, da dann keiner mehr „Bock“ hat.

Ich persönlich motiviere mich, indem ich mir für schwierige Lerngruppen besondere Unterrichtseinheiten überlege. Die Teilnahme an Wettbewerben steht da ganz oben!

Mit einer „Intensivklasse“ (Schülerinnen und Schüler nicht deutscher Herkunft), in der unterschiedlichste Altersstufen aus aller Herren Länder zusammensitzen, die ganz individuelle Lernfortschritte in der deutschen Sprache machen, ist es schwierig, alle in ein Boot zu bekommen, damit sie sich gleichwertig fühlen. Also erstelle ich für einen Schreibwettbewerb eines ortsansässigen Stromanbieters für alle Kinder einen individuellen Fragenkatalog zum Thema „Heimat“ (z.B.: Aus welchem Land kommst du? Bist du mit deiner Familie nach Deutschland gekommen oder alleine? Wie alt bist du? Was vermisst du hier? usw.). Ich erkläre den Kindern, dass wir einen Preis gewinnen, wenn wir gut schreiben und ich muss natürlich hier und da helfen, aber sie schreiben – und zwar alle! Hoch motiviert, weil sie gewinnen möchten. Unterstützt durch Fotos von den Verfasserinnen und Verfassern reiche ich die „Kurzen Geschichten von langen Reisen“ beim Wettbewerb ein, ohne Korrektur.

Der Jugendliteraturpreis ist uns! Das ist eine erneute Motivation für die Kinder und auch für mich. Frustrierend finde ich allerdings die Anerkennung des Geleisteten seitens der Schulleitung und des Kollegiums, für die das Gewinnen meiner Gruppen scheinbar schon „normal“ und wiederkehrend ist. Ich mache weiter – für die Schülerinnen und Schüler (und natürlich auch für mich).

Unterrichtet man, wie ich, hauptsächlich in den Abschlussklassen (Jahrgangsstufen 9 und 10), ist es wohl natürlich, dass man die Motivation hat, möglichst vielen Schülerinnen und Schülern zu einem erfolgreichen und möglichst guten Schulabschluss zu verhelfen. Da sich das Lerntempo und das Merkvermögen unserer Kinder in den letzten Jahren spürbar verringert hat, erfordert es verdammt viel Geduld, an diesem Ziel festzuhalten, weil man einfachste Themen immer und immer wieder aus der „Versenkung“ hochholen muss. Da ist jede gute Note in einer Arbeit eine Motivation für die Kinder, aber auch für die Lehrkraft!

Auf der anderen Seite hat man aber auch immer Schülerinnen und Schüler, denen selbst das langsamste Tempo noch zu schnell ist und die frustriert sind, wenn die Noten wieder schlecht ausfallen. Da zweifle ich dann oft an meinen Fähigkeiten und überlege, ob ich noch kleinschrittiger vorgehen muss. Nein, muss ich nicht. Ich unterrichte einen Erweiterungskurs, da sind schon die leistungsstärkeren Kinder drin. Um den Schwächeren zu helfen, empfehle ich Zusatzmaterial oder stelle es diesen Kindern, je nach Defizit, für eine Weile zur Verfügung. Ebenso halte ich engen Kontakt zu den Eltern, damit diese auch zu Hause dafür sorgen, dass es „aufwärts“ geht.

Kommt es vor, dass ich ein Motivationstief habe, merken die Schülerinnen und Schüler das sofort: „Wie sind Sie denn heut drauf?“ „Geht es Ihnen nicht gut?“ „Sie mögen uns nicht mehr, stimmt’s?“ – Stimmt, ihr geht mir auf die Nerven! Das darf man als Lehrkraft auch mal sagen. Man darf zulassen, dass die Motivation mal im Keller ist und mit den Kindern darüber reden. Man muss als Lehrkraft auch mal Mensch sein dürfen und mit mieser Laune in die Schule gehen, machen andere auch mal (und wieder andere immer).

Motivierend sind die Ergebnisse solcher Gespräche: Die Jugendlichen zeigen Verständnis dafür, dass auch Lehrkräfte nicht nur lächelnd und freundlich durch die Schule laufen, dass sie Gefühle haben und keine Lehrmaschinen sind. Oft greifen sie sich auch an die eigenen Nasen und überlegen, was sie besser machen können, damit ich wieder gewohnt „gut drauf“ bin. Das motiviert!

Franziska unterrichtet seit August 2019 an einem Berliner Gymnasium Englisch und Deutsch.

Die größte Motivation, zur Arbeit zu gehen bzw. bis vor kurzem dem Lehramtsstudium nachzugehen, sollte natürlich das Interesse und die Freude am Unterrichten, aber auch der Austausch mit den Schülerinnen und Schülern und dem Kollegium sein. Ein weiterer Motivationsfaktor ist für mich persönlich das Wissen, dass kein Tag gleich abläuft – es sei denn, man verfällt in zu starke Routinen, tauscht sich nicht mehr mit anderen aus und läuft gewissermaßen mit Scheuklappen herum. Im Regelfall kann man sich jedoch stets auf Abwechslung, neuen Input und viele interessante Situationen und Gespräche freuen. 

Außerdem schätze ich am Lehrberuf die Tatsache, dass man selbst auch immer noch Neues dazulernt – sei es über persönliche Interessen und Hobbys der Klassenmitglieder bzw. der gesamten Generation oder fachliches und außerfachliches Wissen. Viele Lehrkräfte klagen darüber, dass geringe Motivation auf Seiten der Schülerinnen und Schüler herrscht, was sich im Umkehrschluss negativ auf die eigene Motivation auswirkt. Allerdings habe ich bislang die Erfahrung gemacht, dass insbesondere persönlicher Enthusiasmus und gut durchdachter Unterricht (dieser muss gar nicht immer höchst zeitintensiv vorbereitet werden, sondern sollte primär spannend aufbereitet und abwechslungsreich gestaltet sein) Begeisterung entfachen und somit motivationsfördernd wirken können. Allein dieser Gedanke, dass man als als Lehrkraft – als einzelne Person – Interesse am Lernen, am Entdecken und an neuem Wissen wecken kann, empfinde ich als besonders motivierenden Faktor, diesem Beruf nachzugehen.

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Und was ist mit Ihnen?

Wie würden Sie die oben stehenden Fragen für sich beantworten? Die Antworten der Autorinnen und Autoren spiegeln ihre jeweiligen Erfahrungen und Standpunkte wider. Vielleicht haben Sie eine ganz andere Perspektive auf die Dinge oder gar gegenteilige Erfahrungen gemacht. Falls Sie weitere Anmerkungen, konstruktives Feedback oder Fragen zum Beitrag haben, schreiben Sie uns gerne über das Kontaktformular ganz unten auf der Seite.

Lesen Sie auch die Antworten zu anderen Fragen der Serie:

Möchten Sie weitere spannende Beiträge rund um Schule, Lehren und Lernen lesen? Dann besuchen Sie das phase6 Magazin für Lehrkräfte und lassen Sie sich inspirieren!

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Lydia

Lydia hat die Fächer Englisch und Französisch in Potsdam auf Lehramt (Grundschule und Sekundarstufe I) studiert und zwei Semester in Frankreich im Rahmen des Erasmusprogramms verbracht. Neben dem Studium absolvierte sie viele Praktika und Nebenjobs im schulischen und außerschulischen Bereich. Durch das Leiten von Lern- und Sprachförderungen an Berliner Grundschulen, durch Methodenworkshops und den Einsatz als Sprachlernassistenz in einer Willkommensklasse sowie im Praxissemester an der Deutschen Schule in Genf konnte sie erste Praxiserfahrungen sammeln. Das Referendariat, welches Lydia an einer ISS mit gymnasialer Oberstufe absolvierte, prägte sie sehr. Die Höhen und Tiefen im Vorbereitungsdienst stärkten die junge Lehrerin in ihrer Lehrpersönlichkeit und sorgen nun für Vorfreude auf den Schulalltag als ausgebildete Lehrkraft in Berlin seit dem Schuljahr 2019.

Kim

Kim arbeitet seit fast 20 Jahren als Lehrerin an einer integrierten Gesamtschule in Hessen. Sie startete erst mit 37 Jahren ins Referendariat, unterrichtet seitdem Deutsch und Arbeitslehre in der 7. bis 10. Jahrgangsstufe und übernimmt die Klassenleitung. Die Arbeit mit Intensivklassen macht ihr seit ein paar Jahren besonders viel Spaß, denn die Lernerfolge werden mit den geflüchteten Kindern und Jugendlichen schnell deutlich. Da Kim selbst drei Kinder hat, weiß sie gut, wie diese im pubertären Alter ticken. Neben gutem Unterricht sind ihr intensive Elternarbeit sowie eine fundierte Vorbereitung ihrer Schülerinnen und Schüler auf das Leben besonders wichtig. Kims Steckenpferd ist die Nutzung außerschulischer Lernorte und die regelmäßige Teilnahme an Schulwettbewerben – So konnten schon viele Jugendliteraturpreise und Fotowettbewerbe gewonnen werden.

Franziska

Nach dem Master of Education an der Humboldt-Universität zu Berlin startete Franziska im Schuljahr 2019 in den Vorbereitungsdienst an einem Berliner Gymnasium. Die Liebe zu ihren Fächern Deutsch und Englisch verstärkte sich insbesondere durch diverse Auslandsaufenthalte (Erasmus in England, Schulpraktika an der Deutschen Schule in Rio de Janeiro und der Deutschen Schule in Porto) und Praktika im Goethe-Institut und einer privaten Sprachschule. Dank dieser verschiedenartigen Kulturkreise und Schul- und Unterrichtsformen sowie ihres studentischen Nebenjobs bei “Studenten machen Schule” und “Schule Plus” konnte Franziska bereits viele Unterrichtserfahrungen sammeln. All diese Erfahrungen steigern ihre Vorfreude auf das Referendariat und den Lehrberuf.

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