Jemandem Honig ums Maul schmieren
Wenn dir jemand Honig um das Maul oder um den Bart schmiert, will dir dein Gegenüber für gewöhnlich schmeicheln. Dir wird dann besonders aufmerksam zugehört und vielleicht hörst du zwei, drei nette Worte mehr zu deiner Person als üblich oder nötig.
Aber in solchen Fällen geschieht das natürlich nicht uneigennützig, sondern um etwas Bestimmtes zu bekommen. Das ist kein besonders löbliches Verhalten, eher eine leichte Form der Manipulation.
Gut vorstellbar also, dass dieses Sprichwort aus der Zirkusdressur kommt. Früher wurden Zirkusbären nach einem gelungenen Training damit belohnt, dass ihnen das klebrig-süße Gold ums Maul geschmiert wurde. Mit dem genüsslichen Abschlecken waren die Bären dann ein paar Minuten beschäftigt und ruhiggestellt. Der Honig war also Teil der Konditionierung der Bären, um sie nach den anstrengenden Dressuren wieder zu besänftigen.
Eine andere Erklärung für die Herkunft der Redensart geht auf einen chinesischen Brauch zurück, bei welchem die Lippen von Gottheiten mit Honig beschmiert werden, um sie gnädig zu stimmen.[1]
Der Honig ist nicht weit vom Stachel
Die Bedeutung dieser Redewendung dürfte recht offensichtlich und leicht verständlich sein und dennoch steckt darin eine gewisse philosophische Tiefe. Honig wird in vielen Sprichwörtern und Bauernweisheiten als Symbol für das Süße und erstrebenswert Gute verwendet, so auch hier. Der Stachel steht in diesem Beispiel symbolisch für das Gefährliche, für einen potentiellen Schmerz. Er symbolisiert das Risiko, welches ein jeder eingeht, um an das süße Glück zu kommen.
Daraus leitet sich die Bedeutung ab: Es gibt nichts Gutes ohne das Schlechte. Man könnte auch sagen: Nichts, was sich zu haben lohnt, ist einfach zu bekommen. Ob das tatsächlich auf alles Erstrebenswerte zutrifft, muss jede Person für sich selbst beantworten. Ein schöner Denkansatz ist es allemal!
Leider ist unbekannt, von wem dieser Spruch genau überliefert wurde. Bekannt ist nur, dass es sich hier wahrscheinlich um eine Bauernweisheit aus dem späten Mittelalter handelt. Im Mittelhochdeutschen heißt es: “In sime süezen honege lît ein giftig nagel”, was übersetzt so viel wie “In jedem süßen Honig findet sich ein giftiger Nagel” bedeutet.[2][3]