Kohldampf haben oder schieben
Wenn wir großen Hunger oder starken Appetit verspüren, haben oder “schieben” wir umgangssprachlich “Kohldampf”. Doch, um direkt mit einem Irrglauben aufzuräumen, handelt es sich hierbei nicht etwa um den Kohl, den wir von deftigen Mahlzeiten kennen.
Das Wort “Kohldampf” entspringt einer Sprache, die sich zwischen dem 13. und 19. Jahrhundert als sprachliches Gemisch verschiedener europäischer Sprachen entwickelte und auch als Soldaten- oder Gaunersprache bezeichnet wird: Rotwelsch. Der Begriff setzt sich eigentlich aus zwei rotwelschen Wörtern zusammen: “Kohler” bzw. “Koller” und “Dampf”. Beide Worte bedeuten übersetzt so viel wie “Hunger” und bilden somit eine tautologische Einheit. Diese Wortdopplung soll wahrscheinlich die Intensität des Hungergefühls zum Ausdruck bringen. Aber “Ich habe Kohldampf!” klingt eben weitaus besser als “Ich habe Hungerhunger!”. [1]
Dass manche Menschen Kohldampf “schieben” ist ebenfalls der rotwelschen Sprache zu verdanken, in der “scheffen” so viel wie “sein” oder “sich befinden” bedeutet und die Redensart demnach mit “Ich bin sehr hungrig” übersetzt werden kann. [2]
“Das macht den Kohl auch nicht fett!”
Diese Redensart hat weder etwas mit der rotwelschen Sprache noch etwas mit unserem ehemaligen Bundeskanzler zu tun, sondern bezieht sich tatsächlich auf das Nahrungsmittel. Der Ausspruch ist beispielsweise angebracht, wenn wir bereits eine halbe Stunde zu spät dran sind und kurz vor der Ankunft am Ziel ernsthaft abwägen, ob wir uns noch schnell eine Limo am Kiosk kaufen können. “Darauf kommt es nun auch nicht mehr an” ist in solchen Situationen der Leitgedanke und wird gerne umgangssprachlich mit “Das macht den Kohl nun auch nicht mehr fett” verbalisiert. Wenn wir ausdrücken möchten, dass weiteres Handeln keinen nennenswerten Unterschied mehr macht und die Situation nicht mehr verbessert werden kann, bringen wir also den Kohl ins Spiel. Doch woher kommt das Sprichwort?
Obwohl Kohl ein sehr gesundes, fettarmes Lebensmittel ist und unseren Körper mit viel Vitamin B und C versorgen kann, hatte er lange Zeit einen schlechten Ruf. Zum einen, weil er seinen charakteristisch derben Geruch beim Kochen entfaltet, welcher von den kochenden Personen ein gewisses Durchhaltevermögen abverlangt, und zum anderen, weil Kohl damals als “Arme-Leute-Essen” galt. Kohlsuppe war besonders bei mittellosen Leuten ein beliebtes, da günstiges Grundnahrungsmittel. Konnte man die Suppe nicht mit teurem Fleisch, Öl oder Speck anreichern, sodass sie sowohl nahr- als auch schmackhafter wurde, konnten auch Gewürze oder andere Zutaten den Kohl im wahrsten Sinne des Wortes “nicht mehr fett machen”. [3]
Ähnlich verhält es sich mit den zahlreichen Varianten der Redensart: Wenn man nichts mehr ändern kann, wird weder der Kohl noch der Braten, das Kraut, der Brei oder der Bock fett…